Natuerlich sprechen Karl-Heinz Rummenigge und Pep Guardiola fast jeden Tag miteinander. Die Auswaertsreisen in allen Wettbewerben lassen eine Menge Zeit zum Plaudern. Beide geniessen das, so manches Glas Rotwein ist dabei schon ausgetrunken worden.
Und trotzdem wartet ganz Fussball-Deutschland auf ein ganz bestimmtes Gespraech zwischen diesen beiden Angestellten des FC Bayern Muenchen. Hier der CEO, dort der Trainer. Sie reden viel miteinander. Aber sie haben bis jetzt noch nicht ueber das Allerwichtigste gesprochen: Bleibt Pep Guardiola auch ueber sein Vertragsende im Juni 2016 Trainer des FC Bayern Muenchen? Oder muss sich der Rekordmeister einen neuen Meistermacher suchen?
Es heisst, das entscheidende Gipfeltreffen solle "demnaechst" stattfinden. Dieses Wort beschreibt in der deutschen Sprache eine nicht definierte Zeitspanne. "Demnaechst" ? das kann morgen sein, aber auch erst in vier Wochen.
Man glaubt den Bayern-Bossen, wenn sie sagen, sie wuessten nicht, wie Guardiola sich entscheiden wird. Sport-Vorstand Matthias Sammer betont, man wolle "Guardiola nicht draengen oder nerven". Sehr wohlwollend registrierten Rummenigge und Sammer den Vorstoss der Mannschaft, fuer die Kapitaen Philipp Lahm beim Trainer vorsprach und ihm mitteilte, man wuerde sehr gerne in dieser Konstellation weiterarbeiten. "Die Mannschaft geht seinen Weg mit", sagt Lahm, "sie glaubt an sein Konzept." Zudem sei Muenchen "nicht der schlechteste Ort, um zu leben", so Lahm, der Guardiola-Fan, der zu diesem Schluss kommt: "Ich weiss nichts, was gegen Bayern spricht." David Alaba schwaermt von seinem Trainer: "Er hat uns alle besser gemacht."
Momentan sieht es wirklich so aus, als spraeche mehr fuer eine weitere Zusammenarbeit. Denn seit Guardiola in Muenchen arbeitet, wurde ihm ein Kader zusammengestellt, der auch fuer die Zukunft vieles verspricht. Es ist ? in der Breite ? wohl der beste Kader in Europa. Einer, der mittlerweile auch die Ausfaelle von Spitzenkoennern wie Franck Ribery und Arjen Robben verkraftet. Einer mit einer Achse, die ihresgleichen sucht mit Neuer ? Boateng ? Mueller ? Lewandowski. Mit jungen Spielern wie Douglas Costa, Kimmich oder Coman. Von Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger ? auf die Guardiola verzichten konnte und die Rummenigge deshalb abgeben musste ? spricht heute niemand mehr in Muenchen.
Wie gross die Bewunderung fuer den Mann aus Barcelona im Kader der Bayern mittlerweile ist, zeigt ein Satz von Manuel Neuer aus der vergangenen Woche: "Sollte Pep Guardiola mich einmal als Feldspieler benoetigen, dann wuesste ich genau, was ich zu tun habe“, so der Nationaltorhueter, der damit sagen will: "Jeder Spieler ist mittlerweile in der Lage, die taktischen Vorstellungen des Trainers auf fast jeder Position umsetzen zu koennen.“
Die Kritik, die noch vor ein paar Monaten auf Guardiola prasselte, ist laengst verstummt. Zu viele Spanier im Team? "Bloedsinn", sagt Matthias Sammer, verweist auf die aktuellen Neuverpflichtungen: Brasilianer (Costa), Chilenen (Vidal), Franzosen (Coman) und Deutsche (Kimmich). Dazu der alles ueberragende Pole Robert Lewandowski. Und sie alle bieten Fussball nahe an der Perfektion und jeder Spieler bestaetigt den Anteil des Trainers an seinen Fortschritten.
Die Bayern sind weiter als in der vergangenen Saison. Damals dominierten sie die Bundesliga, scheiterten aber in den Pokalwettbewerben gegen Borussia Dortmund (knapp) und den FC Barcelona (deutlich). Heute sagt Philipp Lahm: "Im Moment ist es schwierig, gegen uns zu bestehen."
Guardiola selbst laesst sich nicht viel entlocken. Seine Spieler findet er "alle super, super, super", Davis Alaba nannte er zuletzt sogar "meinen lieben Gott. Er hat schon 10 Positionen gespielt.“ In ruhigeren Momenten sagt er ueber die Spieler, die ihm zur Verfuegung stehen und deren Verfassung: "Wir sind sehr zufrieden!" Doch es gibt etwas, das ueber ihm schwebt wie ein Schwert am seidenen Faden: Der Traum der Bayern, das Triple. Seit Jupp Heynckes die drei wichtigsten Pokale des Klub-Fussballs mit dem deutschen Rekordmeister errang, ist die Gier nach einer Wiederholung riesengross.
Auf dieses Triple angesprochen, sagte Pep Guardiola vor dem 3:1 gewonnenen Pokalspiel beim VfL Wolfsburg: "Wenn wir das Triple verlieren, tut es mir leid. Dann wird der FC Bayern naechstes Jahr wieder versuchen, das Triple zu gewinnen." Hier waehlte er seine Worte ganz genau. Er nannte den FC Bayern, der es erneut versuchen muesse ? seinen Namen erwaehnte er nicht. Das kann bedeuten: Klappt es mit dem Triple, bleibt Guardiola. Klappt es nicht, dann geht er.
Fuer Thierry Henry, den ehemaligen Weltklassestuermer des FC Arsenal, ist heute bereits klar, dass Guardiola in die Premier League wechselt: "Letztlich wird er in die Premier League kommen", erklaerte der Franzose, der einst unter Guardiola auch beim FC Barcelona spielte, dem englischen TV-Sender Sky Sports News.
Henrys Begruendung: "Pep liebt den Wettbewerb, er wird einen Titel in jeder grossen Liga gewinnen wollen. Im UEbrigen spricht er bereits Englisch. Vielleicht zeigt uns das, dass er eher frueher als spaeter hier herkommt."
Und was sagt Guardiola selbst? Gar nichts mehr: "Es ist Oktober“, schimpfte er zuletzt auf einer Pressekonferenz, "wir haben sieben Monate vor uns. Ich muss gewinnen, gewinnen, gewinnen. Das Thema ist immer das gleiche. Ich werde darauf nicht mehr antworten. Ich habe keinen Bock mehr darauf.“
Warten wir also auf das Gespraech, das "demnaechst“ gefuehrt zwischen Guardiola und Rummenigge. Dem Bayern-CEO gebuehrt das Schlusswort, er zeigt sich verhalten zuversichtlich: "Es liegt viel pro Bayern Muenchen auf dem Tisch. Wir sind durchaus optimistisch, dass Pep Guardiola am Ende des Tages in Muenchen bleibt.“
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